LG Berlin: Anforderungen an Modernisierungsankündigung

1. Die fehlerhafte Berechnung der zu erwartenden Mieterhöhung, welche zu einer Abweichung von mehr als 10 Prozent führt, hat nicht die formelle Unwirksamkeit der Modernisierungsankündigung zur Folge.

2. Die schuldhaft falsche (zu niedrige) Angabe der zu erwartenden Mieterhöhung durch den Vermieter kann eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB darstellen, die zu einem Schadensersatzanspruch des Mieters führt.

3. Der Einbau eines Aufzuges stellt auch dann eine Wertverbesserung dar, wenn sich dessen Haltepunkte zwischen den einzelnen Etagen befinden und deshalb jeweils einige Treppenstufen überwunden werden müssen.

4. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit ist für die Frage der Duldungspflicht des Mieters unbeachtlich, solange die beabsichtigte Maßnahme eine Wohnwertverbesserung darstellt.

LG Berlin 67 S 27/04 vom 23.08.2004; MM 2004, 374


Zu LS 1: Dem Gericht ist zuzustimmen, denn diese Rechtsansicht ergibt sich schon aus § 559 b Abs. 2 Satz 2 BGB.

Zu LS 2: Der Hinweis des Gerichts ist richtig (Leider wird er in den Gründen nicht ausgeführt). § 559 b Abs. 2 Satz 2 BGB ist nicht die einzige Sanktion bei „Lockmieten in der Modernisierungsankündigung“. Es ist vielmehr zu unterscheiden, ob der Vermieter die falsche Prognose bzgl. der modernisierungsbedingten Miete zu vertreten hat oder nicht. Nur in letzterem Falle greift (lediglich) § 559 b Abs. 2 Satz 2 BGB ein. Ansonsten ist der Vermieter an seine Ankündigung gebunden und der Mieter hat in Höhe der die Prognose überschreitenden Miete einen Schadensersatzanspruch (LG Bautzen v. 14.1.1998-1 S 176/97-, WM 99, 45; AG Neukölln v. 5.6.1997-10 c 352/96-, MM 98, 354).

Da das Verschulden des Vermieters sich nach § 276 BGB richtet, ist jedes Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt schuldhaft. Damit liegt insbesondere ein Verschulden des Vermieters vor, wenn er sich bei der Kostenkalkulation irrt, verrechnet oder Positionen übersieht. Am Verschulden des Vermieters mangelt es andererseits beispielsweise, wenn sich die Bauarbeiten aufgrund eines Bauarbeiterstreiks, verzögern und deshalb Termin- absprachen mit anderen Firmen nicht eingehalten werden können, was zu höheren Preisen führt. Die Beweislast dafür, dass ihn kein Verschulden trifft, trägt der Vermieter.

Allerdings ist zu beachten: Kein Schadensersatzanspruch ohne Schaden. Der Mieter hat keinen Schadensersatzanspruch (mangels Schaden), wenn er auch bei korrekter (höherer) Angabe des Modernisierungszuschlages zur Duldung der Maßnahme – und damit zur Zahlung des höheren Mod.-Zuschlags verpflichtet gewesen wäre. Nun wird ein Mieter einwenden können, dass er unabhängig von den durch die Rechtsprechung gezogenen Zumutbarkeitsgrenzen für sich bei wahrer Angabe der Kosten entschieden hätte, die Maßnahme nicht zu wollen und von seinem Sonderkündigungsrecht nach § 554 Abs. 3 Satz 2 BGB Gebrauch gemacht hätte. Dieses Sonderkündigungsrecht sei ihm aber durch die falsche Modernisierungsankündigung des Vermieters vorenthalten worden. Dies ist zwar richtig, führt jedoch auch zu keinem Schaden, da der Mieter ja nunmehr sein Sonderkündigungsrecht aus § 561 BGB wahrnehmen kann und bis zum Wirksamwerden desselben mit keiner (und nicht nur der höheren ) Mieterhöhung belastet wird.

Es bleibt lediglich ein „Schaden, der darin bestehen kann, dass der Mieter die mit einer Baumaßnahme verbundenen Unzuträglichkeiten erdulden musste, er wegen Geltendmachung seines Sonderkündigungsrechts nach § 561 BGB aber nicht mehr in den Genuss der Modernisierung kommt. Dieses Ungemach wäre ihm bei ordnungsgemäßer Ankündigung erspart geblieben, weil er dann von seinem Sonderkündigungsrecht nach § 554 Abs. 3 Satz 2 BGB Gebrauch gemacht hätte.

Solcherlei „Nervereien“ sind jedoch als immaterieller Schaden nicht ersatzpflichtig (vgl. § 253 BGB).Zu LS 3: Ebenso LG Berlin v. 19.4.2002-63 S 239/01 -, GE 2002, 930Zu LS 4: Das Gericht bezieht sich hier auf die Entscheidung des BGH zur Unbeachtlichkeit der Disparität bei Energieeinsparmaßnahmen (vom 3.3.2004 — VIIIZR 149/03 -, WuM 2004, 285; MM 2004, 303 LS; NZM 2004, 337; GE 2004, 620).