LG Berlin–Anwendung Mietspiegel trotz Bedenken

Beruft sich der Vermieter zur Begründung seines Mieterhöhungsverlangens auf den derzeit geltenden Mietspiegel, stellt aber zugleich klar, dass dieser nach seiner Ansicht nicht qualifiziert im Sinne des § 558 d Abs. 1 BGB sei, so ist das Mieterhöhungsverlangen gleichwohl formwirksam. Der Berliner Mietspiegel 2015 bietet zumindest als einfacher Mietspiegel eine geeignete Grundlage für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete gemäß § 287 Abs. 2 ZPO.

LG Berlin, Urteil vom 02.09.2016 – 65 S 146/16 – in WuM 2016, 676

LG Berlin-Verwendung Mietspiegel 2015

  1. Ein Mietspiegel, der die Anforderungen des § 558 d Abs. 1 BGB nicht erfüllt, kann zur Überzeugungsbildung des Gerichts nach § 286 ZPO als einfacher Mietspiegel – § 558 c Abs. 1 BGB – herangezogen werden.
  2. Der Berliner Mietspiegel 2015 entspricht zumindest den Anforderungen eines einfachen Mietspiegels und kann daher zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nötigenfalls ergänzt durch Schätzung des Gerichts gemäß § 287 ZPO verwendet werden.

LG Berlin, Urteil vom 31. 8. 2016 – 65 S 197/16 – in WuM 2016, 670

VG Berlin–Zweitwohnung als Ferienwohnung

1. Die zeitweise Vermietung einer Wohnung als Ferienwohnung bedarf einer Genehmigung.

2. Allein die Nutzung einer Wohnung als Zweit- und nicht als Hauptwohnung ist keine Zweckentfremdung, sondern Wohnen und damit eine zweckgemäße Nutzung.

3. Der Tatbestand der Zweckentfremdung setzt nicht voraus, dass die Wohnungseigenschaft vollständig aufgehoben wird.

4. Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung von Wohnraum durch das Zweckentfremdungsverbot kann nur dann bestehen, wenn die Räumlichkeiten nicht schon ohnehin zu Wohnzwecken genutzt werden.

VG Berlin, Urteil vom 09. August 2016 – 6 K 91.16 – zitiert nach Juris, MietRB 2016, 327

LG Berlin – Kündigung wegen unerlaubter Untervermietung nur mit Abmahnung

Die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen unbefugter entgeltlicher Gebrauchsüberlassung einer vom Mieter über ein Internetportal („a…“) angebotenen Mietwohnung an Touristen ist – ebenso wie die darauf gestützte ordentliche Kündigung – grundsätzlich nur dann wirksam, wenn der Vermieter den Mieter vor Ausspruch der Kündigung erfolglos abgemahnt hat.

LG Berlin, Beschluss vom 27. Juli 2016 – 67 S 154/16 – in WuM 2016, 559

Anmerkung: Diese aktuelle Entscheidung der Mietberufungskammer 67. des LG Berlin betrifft einen typischen Fall der fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts durch einen Vermieter. Zu Unrecht kritisiert Blümmel1, die unerlaubte Untervermietung sei schon nach dem Gesetz gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB Grund zur fristlosen Kündigung, wenn dem die nach § 543 Abs. 3 BGB notwendige Abmahnung vorausgegangen ist. Und deswegen sei für die ordentliche Kündigung gemäß § 573 BGB, die ja für den Mieter weniger einschneidend ist, kein Bedürfnis für eine vorherige Abmahnung.

Dies ist in solcher Schlichtheit falsch. Zunächst liegt der Fehler des Vermieters im fraglichen Fall eindeutig darin, keine Abmahnung vor Kündigung ausgesprochen zu haben. Wer sicher gehen will, verliert mit einer Abmahnung keine Zeit, denn die anschließende fristlose Kündigung geht problemlos „durch“, wenn der Mieter sich nicht entsprechend verhält. Ob für eine fristgemäße Kündigung in solchen Fällen Eine „LG Berlin – Kündigung wegen unerlaubter Untervermietung nur mit Abmahnung“ weiterlesen


  1. GE 2016, 1066 

BGH – Fälligkeit der Rückgabe einer Mietsicherheit, Betriebskostenforderungen als Leistungen im Sinne des § 216 BGB

  1. Der Anspruch des Mieters auf Rückgabe einer Mietsicherheit wird erst fällig, wenn eine angemessene Überlegungsfrist abgelaufen ist und dem Vermieter keine Forderungen aus dem Mietverhältnis mehr zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen darf.
  2. Betriebskostennachforderungen aus Jahresabrechnungen des Vermieters sind wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 216 Abs. 3 BGB. Dem Vermieter ist es deshalb nach § 216 Abs. 3 BGB verwehrt, sich wegen bereits verjährter Betriebskostennachforderungen aus der Mietsicherheit zu befriedigen.

BGH, Versäumnisurteil vom 20. Juli 2016 – VIII ZR 263/14 – in WuM 2016, 620

BGH – Fristlose Kündigung innerhalb angemessener Frist ab Kenntnis vom Kündigungsgrund

§ 314 Abs. 3 BGB findet auf die fristlose Kündigung eines (Wohnraum-) Mietverhältnisses nach §§ 543, 569 BGB keine Anwendung. Es ist keine besondere Frist zwischen Kenntniserlangung vom Kündigungsgrund und Ausspruch der Kündigung zu beachten.

BGH, Versäumnisurteil vom 13. Juli 2016 – VIII ZR 296/15 – in WuM 2016, 616

LG Berlin–Berliner Mietspiegel 2015

1. Begründet der Vermieter sein Mieterhöhungsverlangen ausdrücklich mit dem Berliner Mietspiegel 2015, hat er sich auf ein nach § 558a Abs. 2 BGB zulässiges Begründungsmittel bezogen und genügt damit den Anforderungen des § 558a Abs. 1 BGB. Der Umstand, dass der Vermieter im Rahmen der Begründung des Mieterhöhungsverlangens einschränkend mitgeteilt hat, dass der Mietspiegel nach seiner Auffassung “nicht qualifiziert im Sinne des § 558d (1) BGB” sei, ändert nichts daran, dass es sich nach § 558a BGB noch um ein formell wirksames Erhöhungsverlangen handelt.

2. Dem Ergebnis der formellen Wirksamkeit steht nicht entgegen, dass der Vermieter sich in der Klageschrift zwar weiterhin inhaltlich auf das außergerichtlich nach §§ 558ff BGB erklärte Mieterhöhungsverlangen bezieht, sich andererseits aber auf das Einholen eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete bezieht, weil er den Mietspiegel für nicht qualifiziert im Sinne des § 558d BGB hält.

3. Einwendungen gegen den Erkenntniswert der Angaben des Mietspiegels müssen im Prozess von den Parteien erhoben werden und sind nicht etwa von Amts wegen zu berücksichtigen. Werden Einwendungen nicht erhoben, sind aber an der Erstellung des Mietspiegels die Gemeinde und die örtlichen Interessenvertreter der Mieter- und Vermieterseite beteiligt gewesen, spricht schon die Lebenserfahrung dafür, dass der Mietspiegel die örtliche Mietsituation nicht einseitig, sondern objektiv zutreffend abbildet.

LG Berlin, Urteil vom 06. Juli 2016 – 65 S 149/16 – in WuM 2016, 560

BGH-Sozialamt als Erfüllungsghilfe

1. Eine Behörde, die im Rahmen der Daseinsvorsorge staatliche Transferleistungen erbringt, wird nicht als Erfüllungsgehilfe des Mieters tätig, wenn sie für ihn die Miete an den Vermieter zahlt.

2. Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung im Sinne des § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB kann auch – unabhängig von einem etwaigen Verschulden des Mieters – allein in der objektiven Pflichtverletzung unpünktlicher Mietzahlungen und den für den Vermieter daraus folgenden negativen Auswirkungen liegen, wenn die Gesamtabwägung ergibt, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar ist.

3. Bei der – dem Tatrichter obliegenden – Abwägung kann von Bedeutung sein, ob zahlreiche Verspätungen aufgetreten sind, diese jeweils einen erheblichen Zeitraum und erhebliche Beträge betreffen oder der Vermieter in besonderem Maße auf den pünktlichen Erhalt der Miete angewiesen ist, beispielsweise weil er daraus seinen Lebensunterhalt bestreitet oder hiermit Kredite bedienen muss. Zudem kann es eine Rolle spielen, ob das Mietverhältnis abgesehen von den unpünktlichen Zahlungen bisher störungsfrei verlaufen ist oder kurze Zeit vorher bereits eine berechtigte fristlose Kündigung ausgesprochen worden ist, die erst durch eine Zahlung innerhalb der Schonfrist während des Räumungsprozesses unwirksam geworden ist.

BGH, Urteil vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 173/15 –, juris in WuM 2016, 491