LG Berlin – fehlende Steuervorteile als wirtschaftlicher Nachteil,

1. Ein Kündigungsschreiben, das lediglich den Gesetzeswortlaut oder das Kündigungsinteresse – wie z. B. die Absicht des Verkaufs der Wohnung – mitteilt, genügt der Begründungspflicht nach § 573 Abs. 3 BGB nicht.

2. Der Mieter muss auf der Grundlage des vom Vermieter mitgeteilten Sachverhaltes überprüfen können, ob er die Kündigung mit Aussicht auf Erfolg in Frage stellen kann oder hinnehmen will.

3. Der bloße Umstand, dass eine Wohnung vermietet ist bzw. bei einem Verkauf in unvermietetem Zustand ein Mehrerlös erzielt werden kann, ist kein tragfähiger Grund, der der Annahme der Möglichkeit einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung entgegensteht.

4. Das Eigentum gewährt dem Vermieter keinen Anspruch auf Gewinnoptimierung oder auf Einräumung gerade der Nutzungsmöglichkeiten, die den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil versprechen. Allein fehlende Steuervorteile begründen keine Hinderung wirtschaftlicher Verwertung.

LG Berlin, Beschluss vom 30. April 2015 – 65 S 4/15 – in WuM 2016, 178

BGH – Voraussetzung der Verwertungkündigung bei Abriss

  1. Eine vom Vermieter wegen eines geplanten Abrisses und Neubaus ausgesprochene Kündigung genügt dem Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 BGB, wenn dem Mieter mitgeteilt wird, aus welchen Gründen der Vermieter die vorhandene Bausubstanz nicht für erhaltenswert hält und welche baulichen Maßnahmen er stattdessen plant.
  2. Zu den Voraussetzungen einer Verwertungskündigung (hier: Abriss eines Gebäudes mit geringem, angemessenen Wohnbedürfnissen nicht mehr entsprechendem Wohnwert zwecks Errichtung von Neubaumietwohnungen).

BGH, Urteil vom 09.02.2011 – VIII ZR 155/10 – in WuM 2011, 171

LG Berlin – Anforderungen an eine Verwertungskündigung

  1. Eine Kündigung des Wohnungsmietverhältnisses aus Gründen der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks bedarf zu ihrer formellen Wirksamkeit einer Begründung, die konkret genug ist, um dem Mieter die überschlägige Einschätzung seiner Rechtsverteidigung zu ermöglichen. Dazu sind im Kündigungsschreiben vergleichende Ertragserhebungen anzustellen, die die Sanierungs-, Abriss- und Neubaukosten sowie die Erträge vor und nach der geplanten Baumaßnahme einander gegenüberstellen.
  2. Für eine formell wirksame Kündigungserklärung ist noch keine detaillierte, im einzelnen nachprüfbare Kostenschätzung vorzulegen; die Überprüfung der behaupteten Kostenvolumina ist vielmehr eine Frage der materiellen Wirksamkeit der Kündigung.
  3. Soll wegen unstreitig vorhandener Baumängel mit entsprechenden Sanierungskosten ein Gebäude abgerissen und an dessen Stelle ein Neubau errichtet werden, hat der Vermieter darzulegen und zu belegen, dass die Ersatzbebauung tatsächlich entsprechend der Kündigungserklärung verwirklicht werden wird, wie hoch die Kosten von Abriss und Neubau sein werden, und welche Erträge mit der Bewirtschaftung des Neubaus erzielt werden können.
  4. Hat der Vermieter weder substanziiert dargelegt, dass er die in der Kündigung angegebene Ersatzbebauung tatsächlich umsetzt, noch eine detaillierte Kostenschätzung für die Komplettsanierung vorgelegt, noch plausibel dargelegt, welche Erträge er sich aus der Bewirtschaftung des neuen Gebäudes erhofft, sondern lediglich Mietpreise angegeben, die weit über der derzeit gezahlten Miete und den Preisen des gültigen Mietspiegels liegen, so ist die Kündigung materiell unwirksam.

LG Berlin, Urteil vom 19.06.2009 -63 S 12/08- in WuM 2009, 466

BGH – Kündigung wegen Hinderung wirtschaftlicher Verwertung

  1. Eine wirtschaftliche Verwertung ist angemessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB, wenn sie von vernünftigen, nachvollziehbaren Erwägungen getragen wird.
  2. Die Beurteilung der Frage, ob dem Eigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrages erhebliche Nachteile entstehen und er deshalb zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt ist, ist vor dem Hintergrund der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) und damit des grundsätzlichen Bestandsinteresses des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, vorzunehmen. Die hierzu erforderliche Abwägung entzieht sich einer generalisierenden Betrachtung; sie lässt sich nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und der konkreten Situation des Vermieters treffen.
  3. Ist wegen des Alters und schlechten baulichen Zustands eines Gebäudes gemessen an üblichen Wohnverhältnissen eine „Vollsanierung“ oder ein Abriss mit anschließender Errichtung eines Neubaus geboten, kann ein erheblicher Nachteil des Vermieters im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB darin liegen, dass er anderenfalls auf notdürftige Maßnahmen („Minimalsanierung“) verwiesen ist, die weder zu einer nachhaltigen Verbesserung noch zur Verlängerung einer verhältnismäßig geringen Restlebensdauer des Gebäudes (hier 15 bis 20 Jahre) führen.

BGH, Urteil vom 28.01.2009 – VIII ZR 8/08- in WuM 2009, 183 und GE 2009, 381