1. Zur Zulässigkeit der Schätzung der ortsüblichen Vergleichsmiete gemäß § 287 ZPO im Rahmen eines Mieterhöhungsverfahrens, wenn zur Einordnung der Wohnung in die Mietspiegelspannen eines qualifizierten Mietspiegels eine Orientierungshilfe als Schätzgrundlage zur Verfügung steht.
2. Bei Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels ist in der Regel ein Sachverständigengutachten zur Spanneneinordnung nicht einzuholen. [nichtamtlicher Leitsatz]
3. Auch wenn der Orientierungshilfe die Vermutungswirkung nach § 558 d Abs. 3 BGB nicht zukommt, hindert dies ihre Heranziehung als Schätzgrundlage des § 287 ZPO nicht. [nichtamtlicher Leitsatz]
BGH, Urteil vom 20.04.2005 – VIII ZR 110/04 – WuM 2005, 394 und GE 2005, 663
Sachverhalt: Der Vermieter verlangte Zustimmung zu einer Mieterhöhung im Bereich der oberen Spanne des Mietspiegels. Amtsgericht und Landgericht waren jedoch der Auffassung, dass bei Anwendung der Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung (hier: zum Berliner Mietspiegel 2003) zwar das Erhöhungsverlangen formell wirksam, jedoch unbegründet sei. Hiergegen wandte sich erfolglos die Revision des Vermieters.
Problemlage: Die sogenannte Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung ist nicht Bestandteil des qualifizierten Mietspiegels. Der BGH hat in älteren Entscheidungen festgestellt, dass daher ein Mietzins innerhalb der Spanne eines qualifizierten Mietspiegels jedenfalls durch Bezugnahme auf den Mietspiegel in formeller Hinsicht ausreichend begründet ist.
Offen war noch, ob und wenn ja in welcher Weise die Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung angewendet werden kann. Der BGH stellt nun – wie schon zuvor die Berufungskammern des LG Berlin – klar, dass bei der Begründetheitsprüfung ein „punktgenauer Wert“ für die ortsübliche Vergleichsmiete festzustellen ist. Dies kann durch Sachverständigengutachten geschehen. Zweckmäßiger erscheint dem BGH jedenfalls aber bei einem nach wissenschaftlichen Grundsätzen aufgestellten Mietspiegel wie hier die Verwertung der Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung. Diese ist dabei Grundlage der durch § 287 ZPO zugelassenen richterlichen Schätzung.
Dies bedeutet im Ergebnis, dass die Gerichte gehalten sind, die Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung auch zu verwenden. Die Verwendung muss jedoch – da es sich um eine richterliche Schätzung handelt – nicht „sklavisch“ erfolgen. Es reicht aus, wenn die Merkmale verwendet werden, um im Ergebnis einen nachvollziehbar begründeten und punktgenauen Wert innerhalb der Spanne des nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellten Mietspiegels zu finden.