Vom Mieter zu duldende Modernisierungsmaßnahmen im Sinne von § 555b Nr. 4 oder Nr. 5 BGB liegen nicht vor, wenn die beabsichtigten Maßnahmen (hier: Hinzufügung neuer Räume [Wintergarten; Ausbau des Spitzbodens] unter Veränderung des Grundrisses; veränderter Zuschnitt der Wohnräume und des Bads; Anlegung einer Terrasse; Abriss einer Veranda) so weitreichend sind, dass ihre Durchführung den Charakter der Mietsache grundlegend verändern würde (im Anschluss an Senatsurteil vom 23. Februar 1972, VIII ZR 91/70, NJW 1972, 723 unter II 3 [zu § 541a Abs. 2 BGB aF]).
BGH, Beschluss vom 21. November 2017 – VIII ZR 28/17 – in WuM 2018, 28
Schlagwort: Modernisierung
LG Berlin-Wohnungsräumung als Modernisierungshärte
- Es ist von einer die Duldungspflicht ausschließenden nicht zumutbaren Härte i.S.d. § 555d Abs. 2 Satz 1 BGB auszugehen, wenn der Mieter zur Durchführung der Modernisierungsmaßnahme vorübergehend sein Besitzrecht an der Wohnung aufgeben muss und eine Interessenabwägung nach § 555d Abs. 2 BGB nicht ergibt, dass ausnahmsweise besonders gewichtige, über das übliche Maß hinausgehende Interessen des Vermieters, anderer Mieter oder der Allgemeinheit an der Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen bestehen.
- Die Duldungspflicht des Mieters umfasst keine aktive Mitwirkungspflicht. Dies gilt insbesondere für die Beschaffung von Ersatzwohnraum. Die Duldungspflicht kann ausgeschlossen sein, wenn der Vermieter in der Modernisierungsankündigung keinen konkreten Wohnraum anbietet.
LG Berlin, Urteil vom 17. Februar 2016 – 65 S 301/15 – in WuM 2016, 282 und GE 2016, 725
BGH-ersparter Erhaltungsaufwand bei Fassadenmodernisierung
1. Werden mit einer Modernisierungsmaßnahme fällige Instandsetzungsmaßnahmen erspart, kann der auf die Instandsetzung entfallende Kostenanteil nicht auf den Wohnraummieter umgelegt werden (Fortführung von BGH, Urteil vom 3. März 2004, VIII ZR 149/03, NJW 2004, 1738 unter II 2 d).
2. Aus der Modernisierungsmieterhöhungserklärung muss deshalb hervorgehen, in welchem Umfang durch die durchgeführten Maßnahmen fällige Instandsetzungskosten erspart wurden. Einer umfassenden Vergleichsrechnung zu den hypothetischen Kosten einer bloßen Instandsetzung bedarf es hierzu nicht; erforderlich, aber auch ausreichend ist es, den ersparten Instandsetzungsaufwand zumindest durch Angabe einer Quote von den aufgewendeten Gesamtkosten nachvollziehbar darzulegen.
3. Ein Mieterhöhungsverlangen kann grundsätzlich erst nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten gestellt werden; werden jedoch tatsächlich trennbare Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, können mehrere Mieterhöhungserklärungen für die jeweils abgeschlossenen Maßnahmen erfolgen.
4. Zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des umlagefähigen Modernisierungsaufwands. Steht fest, dass eine Maßnahme (hier z.B.: Dämmung der Außenfassade) eine Modernisierungsmaßnahme darstellt und ein erheblicher Teil der Kosten für Arbeiten den umlagefähigen Modernisierungsaufwand betrifft, steht mithin die Forderung dem Grunde nach fest, und bedarf es lediglich der Ausfüllung zur Höhe, kommt dem Vermieter gemäß § 287 Abs. 2 ZPO die Beweiserleichterung des § 287 Abs. 1 ZPO zugute.
BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 – VIII ZR 88/13 – in WuM 2015, 165
LG Berlin – Modernisierungsduldung nie durch einstweilige Verfügung
Die Durchsetzung des Duldungsanspruchs für Modernisierungsmaßnahmen des Vermieters gegenüber dem Mieter im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ist grundsätzlich nicht zulässig.
LG Berlin, Beschluss vom 27. Oktober 2014 – 65 T 220/14 – in GE 2015, 596
BGH – Zwischenumsetzung bei Modernisierung
- Bei der Abgrenzung zwischen einer Vertragsänderung – die auch die Hauptleistungspflichten, zum Beispiel in Form eines Austauschs des Mietobjekts betreffen kann – und einer Novation ist durch Auslegung zu ermitteln, was die Parteien im Einzelfall gewollt haben. Bei der Auslegung ist jedoch die anerkannte Auslegungsregel zu beachten, dass bei der Feststellung des Willens der Parteien, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes Rechtsverhältnis zu ersetzen, große Vorsicht geboten ist und von einer Novation nur ausnahmsweise ausgegangen werden darf, sofern die Parteien einen solchen Willen unzweifelhaft zum Ausdruck bringen. Im Zweifel ist daher nur von einer Vertragsänderung auszugehen .
- Zieht der Mieter wegen einer geplanten umfassenden Modernisierung seiner Wohnung in eine andere Wohnung des Vermieters, so trägt der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Parteien mit dem Umzug des Mieters einen neuen, vom bisherigen Mietverhältnis unabhängigen Mietvertrag schließen wollten und deshalb anzunehmen ist, dass der Wille der Parteien – mangels Bezifferung der im neuen Mietverhältnis zu zahlenden Miete – dahin geht, dass der Mieter nunmehr die für die neue Wohnung ortsübliche Miete zu zahlen hat.
BGH, Urteil vom 21. November 2012 – VIII ZR 50/12 – in WuM 2013, 165
LG Berlin – drittschützende Förderungsverträge
- Die Regelung in einem Förderungsvertrag zwischen einem Hauseigentümer und einem öffentlichen Förderungsgeber, wonach der Eigentümer verpflichtet ist, die Mieter über die in dem Vertrag eingegangenen sie berührenden Verpflichtungen zu unterrichten und im Mietvertrag darüber aufzuklären, dass Kosten für die Aufzugsnutzung nur auf diejenigen Mieter umgelegt werden können, die der Aufzugsnutzung zugestimmt haben, hat drittschützende Wirkung (Festhaltung LG Berlin, 18. September 2000, 67 S 518/99, Grundeigentum 2000, 1540; Abgrenzung BGH, 19. Januar 2011, VIII ZR 87/10, WuM 2011, 110).
- Hat der Vermieter es bei Abschluss des Mietvertrages unterlassen, den Mieter darauf hinzuweisen, dass es ihm freistehe, der (kostenpflichtigen) Nutzung des Fahrstuhls zuzustimmen oder seine Zustimmung zu verweigern mit der Folge, dann auch nicht zur Tragung der insoweit anfallenden Betriebskosten verpflichtet zu sein, so steht dem Mieter nach § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung der mit der Betriebskostenabrechnung geltend gemachten Aufzugskosten zu.
LG Berlin, Urteil vom 01. November 2012 – 67 S 88/12 – in WuM 2013, 42 zitiert nach juris
LG Berlin – Terminverschiebung, Balkon und soziale Härte bei Modernisierung
- Geringfügige Verzögerungen gegenüber der Terminplanung gemäß der Modernisierungsankündigung oder Überschreitungen der voraussichtlich angesetzten Dauer der Modernisierungsarbeiten sind nach den Umständen des Einzelfalles unbeachtlich (hier: Arbeitsbeendigung erst nach Gewährung des Wohnungszutritts).
- Der Anbau von Balkonen stellt keinen allgemein üblichen Zustand von Wohnungen in Berlin her.
- Die Mieterhöhung nach Modernisierung ist für den Mieter unzumutbar, wenn sie vor dem Hintergrund der Einkommensverhältnisse des Wohnungshaushalts die individuelle Belastungsgrenze überschreitet.
LG Berlin, Urteil vom 19.1.2010 — 65 S 285/09- in WuM 2010, 88
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