Vermieterpfandrecht bei Gewerbemiete

Ich bekomme da so eine Anfrage wegen einem seit langer Zeit verwendeten Vertragsformular für Gewerbemiete:

ich bereite gerade einen neuen Gewerbemietvertrag für ein Restaurant vor. Folgender Absatz kann vom Mieter nicht bestätigt werden aufgrund der Getränke/Brauerei:
§ 11 – Pfandrecht des Vermieter
Der Mieter erklärt, dass die in die Mieträume eingebrachten Gegenstände sein freies Eigentum und nicht gepfändet oder verpfändet sind.
Können wir den Passus dahingehend verändern?

Anfrage einer Hausverwaltung

Berechtigte Frage und häufiger Fehler:

Das so genannte Vermieterpfandrecht soll durch derartige Klauseln, die bei Wohnraum- und Gewerbemiete sehr häufig verwendet werden, geschützt werden. Der Mieter soll seine Gutgläubigkeit in Bezug auf eingebrachtes Inventar zusichern, damit es bei einer späteren Pfändung durch den Vermieter weniger Probleme gibt.

Aber: Das Vermieterpfandrecht ist in der Praxis (von sehr seltenen Fällen abgesehen) völlig bedeutungslos. In den wenigsten Fällen wird es überhaupt ausgeübt und wenn, dann stehen einer Pfandverwertung Eigentumsvorbehalte von Banken, Leasingverträge oder sogar nachträglich durch den Schuldner/Mieter konstruierte Sicherungsübereignungen entgegen. Ich mache seit mehr als 30 Jahren Mietrecht und habe in der ganzen Zeit lediglich einen Fall gehabt, wo eine Sachpfändung vorübergehend erfolgreich war – es ging um wertvolle Gemälde – und die hat der Mieter mit Hilfe eines Berliner Kollegen problemlos innerhalb von 48 Stunden nach erfolgter Pfändung ausgehebelt.

Andererseits können und dürfen gerade Gewerbemieter ein Objekt nicht anmieten, wenn sie derartige Klauseln im Vertrag haben. Der Arzt mit der auf Leasing erworbenen Praxiseinrichtung und Gerätepark oder das Speiselokal mit der von einer Brauerei gestellten Einrichtung – sie sind zuerst ihren eigenen Lieferanten verpflichtet und die lassen sich die Gewerbemietverträge vorlegen und beanstanden (zu Recht) solche Klauseln.

Also vermeidet man eine Menge überflüssiger Diskussionen, wenn man seine Vertragsformulare von vornherein überarbeitet und solche Klauseln ersatzlos streicht. In diesem Fall ist weniger mehr. Und wenn (in seltenen Fällen) das Vermieterpfandrecht doch eine Rolle spielt, dann braucht man dafür eine „handgestrickte“ Vereinbarung – und einen Anwalt, der diese entwirft.

LG Dortmund – Auskunft über Vermieter-GbR

Tritt als Erwerber nach § 566 BGB eine GbR in den Mietvertrag ein, so hat der Mieter gegen den diese vertretenden Verwalter einen Anspruch auf Bekanntgabe der Namen und ladungsfähigen Adressen der Gesellschafter der GbR zumindest dann, wenn eine gerichtliche Auseinandersetzung droht; datenschutzrechtliche Regelungen stehen dem nicht entgegen.

LG Dortmund, Hinweisbeschluss vom 18.03.2019- 1 S 9/19- in WuM 2019, 384

BGH – Schadensersatz bei Substanzverletzung

Schäden an der Substanz der Mietsache, die durch eine Verletzung von Obhutspflichten des Mieters entstanden sind, hat dieser nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB als Schadensersatz neben der Leistung nach Wahl des Vermieters durch Wiederherstellung (§ 249 Abs. 1 BGB) oder durch Geldzahlung (§ 249 Abs. 2 BGB) zu ersetzen. Einer vorherigen Fristsetzung des Vermieters bedarf es dazu nicht. Das gilt unabhängig von der Frage, ob es um einen Schadensausgleich während eines laufenden Mietverhältnisses oder nach dessen Beendigung geht.

BGH, Urteil vom 28. Februar 2018 – VIII ZR 157/17 – in WuM 2018, 196, zitiert nach Juris

LG Berlin – Kündigung wegen Eigenmächtiger Untervermietung

Der Mieter verletzt seine vertraglichen Pflichten i.S.v. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB unter anderem dann, wenn er eine Gebrauchsüberlassung an einen Dritten vornimmt, ohne zuvor die Erlaubnis des Vermieters nach § 553 Abs. 1 BGB einzuholen (§ 540 Abs. 1 BGB). Das gilt auch dann, wenn er letztlich einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat.

LG Berlin, Beschluss vom 22.01.2018 – 65 S 219/17 – in GE 2018, 511

LG Berlin – Untermieterlaubnis, Gründe, Voraussetzungen

1. Der Anspruch des Mieters aus § 553 Abs. 1 BGB gegen den Vermieter auf Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte setzt (lediglich) ein berechtigtes, nach Abschluss des Mietvertrages entstandenes Interesse des Mieters voraus, einem Dritten einen Teil des Wohnraums zum Gebrauch zu überlassen.

2. Als berechtigt ist jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung im Einklang steht.

3. Anforderungen an die Angaben zur Person des Untermieters.

LG Berlin, Beschluss vom 10.01.2018 – 65 S 202/17 – in GE 2018, 515

Muss der Vermieter auf Widerrufsrecht des Mieters hinweisen?

RA ZiemannDie sehr unübersichtlichen Regelungen über Verbraucherverträge sehen in den §§ 312 ff. BGB Sonderregelungen für verschiedene Verbraucherverträge, unter anderem per Post mit dem (gewerblichen) Vermieter geschlossene Verträge vor. Nach § 346 ff. BGB könnte in derartigen Fällen ein Widerrufsrecht des Mieters bestehen. Man kennt das aus Fernabsatzverträgen, beispielsweise beim Kauf über das Internet. Der Mieter kann dann seine auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Erklärung (oder eventuell auch die Zustimmung zu einem Erhöhungsverlangen) widerrufen. Hierzu erhalte ich häufiger Anfragen von Vermietern und Hausverwaltungen. Die Klienten wollen wissen, ob sie in ihren Mietvertragsformularen und Mieterhöhungsverlangen den Vertragspartner über das Widerrufsrecht belehren müssen und wenn ja, wie das geschehen soll.

Die ideale Lösung gibt es hierbei nach meiner Einschätzung derzeit nicht. Die Klienten müssen die (nach meiner Meinung in den meisten Fällen überschaubaren-) wirtschaftlichen Risiken abwägen gegen den erheblichen Aufwand, die bei einer Umstellung der Formulare auf die Verbraucherschutzvorschriften entstehen würde. Zudem besteht die Gefahr, dass Mietvertragsformulare in die Welt gesetzt werden, welche die Mieter besser stellen als die gesetzliche Regelung es tut:

Nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung, insbesondere auch der Entscheidung des LG Berlin ist vorbehaltlich einer noch ausstehenden Entscheidung des BGH zu diesem Problem mit der derzeit wohl überwiegenden Meinung und Rechtsprechung davon auszugehen, dass jedenfalls Wohnraum-Mietverhältnisse von der Anwendung der Regelungen über Verbraucherverträge, die außerhalb der Geschäftsräume des Vermieters geschlossen werden (§ 312 G BGB) ausgeschlossen sind. Hierfür spricht schon die Begründung des Gesetzestextes; es handelt sich um ein peinliches, aber doch offensichtliches redaktionelles Versehen des Gesetzgebers.

Die Gegenansicht beruft sich u.a. darauf, dass der Gesetzgeber dann eine entsprechende Ausnahme vorgesehen hätte. Vor allem auch für Seminaranbieter und juristische Verlage sind solche Streitereien um komplizierte Formvorschriften natürlich ein gefundenes Fressen. Die Unsicherheit in der Wohnungswirtschaft ist groß – man will natürlich keinen Fehler machen.

Selbst wenn man von einer Anwendbarkeit der Vorschriften ausgehen würde müsste ich dennoch meinen Klienten derzeit davon abraten, die sehr umfangreichen Hinweise und Belehrungen nach diesen Vorschriften in Mieterhöhungsverlangen und Formularmietverträge einzufügen.

Hierfür sind im wesentlichen folgende Überlegungen maßgeblich: „Muss der Vermieter auf Widerrufsrecht des Mieters hinweisen?“ weiterlesen

LG Berlin–Widerruf einer unbefristeten Untermieterlaubnis

  1. Eine ohne Rechtspflicht erteilte unbefristete Untermieterlaubnis kann aus wichtigem Grund widerrufen werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn im Einzelfall die Fortsetzung der Untervermietung dem Vermieter nicht mehr zumutbar ist.
  2. Die Unzumutbarkeit der fortgesetzten Untervermietung kann daraus folgen, dass der Hauptmieter seinen Lebensmittelpunkt bereits seit vielen Jahren nicht mehr in der Wohnung hat und auch nicht absehbar ist, dass er in Zukunft wieder zurück in die Wohnung ziehen wird. Das bloße Vorhaltungsinteresse genügt nicht.
  3. Wird die Untervermietung nach dem wirksamen Widerruf der Genehmigung fortgesetzt, so kann dies die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen.

LG Berlin, Urteil vom 22.03.2017 – 65 S 285/16 – in WuM 2017, 260

LG Berlin – Aufgabe der Wohnung, Untermieterlaubnis

Haben die Hauptmieter ihren tatsächlichen Wohnsitz und Lebensmittelpunkt an anderer Stelle begründet und ist ein konkreter Rückkehrwille nicht ersichtlich, so besteht kein berechtigtes Interesse an der Untervermietung i.S.d. § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB. Angesicht der bestehenden Wohnungsknappheit und der Tatsache, dass der Untermieter Mieterschutzrechte gegenüber dem Untervermieter nur eingeschränkt geltend machen kann, reicht der Wunsch, sich die Wohnung dauerhaft als "Rückzugsort" oder für den Fall des Scheiterns der Partnerschaft vorzubehalten, nicht aus.

LG Berlin, Urteil vom 08. Februar 2017 – 65 S 433/16 – in WuM 2017, 263

BGH–Doppelte Schriftformklausel

Eine in einem Mietvertrag über Gewerberäume enthaltene sogenannte doppelte Schriftformklausel kann im Falle ihrer formularmäßigen Vereinbarung wegen des Vorrangs der Individualvereinbarung nach § 305b BGB eine mündliche oder auch konkludente Änderung der Vertragsabreden nicht ausschließen.

BGH, Beschluss vom 25.01.2017 – XII ZR 69/16 – in WuM 2017,131