Hat der ausländische Mieter die Möglichkeit, durch Installation eines zusätzlichen Decoders an dem vorhandenen Kabelanschluss der Wohnung fünf Programme seiner Heimat zu empfangen, geht das Recht des vermietenden Gebäudeeigentümers, die Fassade von einer Parabolantenne des Mieters freizuhalten, dem über eine Parabolantenne zu befriedigenden Informationsbedürfnis des Mieters vor.
BGH v. 2.3.2005 – VIII ZR 118/04 – WUM 2005, 237; GE 2005, 428
Sachverhalt: Der Kläger, ein russischer Staatsangehöriger, ist Mieter einer Wohnung in einem der Beklagten gehörenden Mehrparteienhaus. Die Wohnung ist mit einem Kabelanschluss für den Empfang von Radio und Fernsehprogrammen versehen. Durch Installation eines zusätzlichen Decoders könnten über „Digi-KABEL RUS“ fünf russische Programme empfangen werden. Die Beklagte hat dem Kläger freigestellt, auf seine Kosten einen solchen Decoder anzuschließen. Der Kläger möchte dagegen mit Hilfe einer Parabolantenne, die er an dem Metallgitter vor dem Fenster seines Wohnzimmers im dritten Stock des Anwesens anbringen will, eine größere Zahl privater und staatlicher russischer Fernsehprogramme empfangen. Die beklagte Vermieterin verweigerte ihr Einverständnis hierzu. Der BGH bestätigt dies im Ergebnis.
Problemlage: Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist dem Grundrecht des Mieters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GG, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, auch in zivilgerichtlichen Streitigkeiten über die Anbringung von Sattelitenempfangsanlagen an Mietwohnungen Rechnung zu tragen. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass das Grundrecht des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berührt ist, wenn von ihm verlangt wird, eine Empfangsanlage an seinem Eigentum zu dulden.
Das erfordert in der Regel eine fallbezogene Abwägung der von dem eingeschränkten Grundrecht und dem grundrechtsbeschränkenden Gesetz geschützten Interessen. Dabei ist das besondere Informationsinteresse von dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländern zu beachten. Diese haben ein anerkennenswertes Interesse, die Programme ihres Heimatlandes zu empfangen, um sich über das dortige Geschehen unterrichten und die kulturelle und sprachliche Verbindung aufrechterhalten zu können. Wenn dies aber -wie im entschiedenen Fall- über Zusatzpakete in Verbindung mit einem vorhandenen Kabelanschluss geschehen kann, dann ist das ausreichend. Der Mieter hat dann keinen Anspruch auf Duldung einer zusätzlichen Satellitenschüssel.
In Berlin werden „Ausländerpakete“ angeboten für polnisch, russisch, türkisch, italienisch, aber nicht für arabische Sprachen!
Der Mieter kann aber (wenn es für seine Nationalität keine „Ausländerpakete“ gibt) auch auf bauliche Belange (Fassadengestaltung, Beeinträchtigung anderer Mieter) verwiesen werden.
Der Mieter muss außerdem für eine Genehmigung folgende Voraussetzungen erfüllen
Installation an den unauffälligsten Stelle (Schüssel bzw. Standplatz auf dem Dach)
Nachweis Haftpflichtversicherung für Schäden durch Betrieb
zusätzliche Kaution in Höhe der voraussichtlichen Rückbaukosten.
Konsequenz: Den Mietern geht es oft nur um „billiges Fernsehen“. Durch Anwendung der Grundsätze für die Genehmigung von Schüsseln, wie sie bereits seit Jahren durch die Land- und Oberlandesgerichte entwickelt und praktiziert werden, lassen sich meist auch Fälle lösen, in denen der Mieter kein Heimatprogramm im Kabel dazumieten kann.