BGH – Schriftform bei Mietänderung

  1. Die Änderung der Miethöhe stellt stets eine wesentliche und – jedenfalls soweit sie für mehr als ein Jahr erfolgt und nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann – dem Formzwang des § 550 Satz 1 BGB unterfallende Vertragsänderung dar.
  2. Zur Frage, wann eine Vertragspartei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB gehindert ist, sich auf einen Schriftformmangel zu berufen.
  3. Zur Formbedürftigkeit von Vereinbarungen zu am Mietobjekt durchzuführenden Um- und Ausbaumaßnahmen.

BGH, Urteil vom 25.11.2015 – XII ZR 114/14 – in WuM 2016, 28

BGH – Wohnflächenabweichung bei Mieterhöhungsverlangen

Die bei Abschluss eines Wohnraummietvertrages getroffene Beschaffenheitsvereinbarung zur Wohnungsgröße ist – und zwar auch bei Abweichungen von bis zu 10 % – nicht geeignet, die bei einer späteren Mieterhöhung zu berücksichtigende Größe der Wohnung durch einen von den tatsächlichen Verhältnissen abweichenden fiktiven Wert verbindlich festzulegen (Aufgabe der Senatsrechtsprechung, zuletzt Senatsurteil vom 8. Juli 2009, VIII ZR 205/08, NJW 2009, 2739). Vielmehr ist jede im Wohnraummietvertrag enthaltene, von der tatsächlichen Wohnungsgröße abweichende Wohnflächenangabe für die Anwendbarkeit des § 558 BGB und die nach dessen Maßstäben zu beurteilende Mieterhöhung ohne rechtliche Bedeutung. Maßgeblich für den nach dieser Bestimmung vorzunehmenden Abgleich der begehrten Mieterhöhung mit der ortsüblichen Vergleichsmiete ist allein die tatsächliche Größe der vermieteten Wohnung.

BGH, Urteil vom 18. November 2015 – VIII ZR 266/14 – in WuM 2016, 34 und GE 2016, 49

BGH – Kappungsgrenzen-VO Berlin

  1. Die Zivilgerichte haben im Rahmen eines Rechtsstreits über ein Mieterhöhungsverlangen zu prüfen, ob eine von der Landesregierung erlassene Kappungsgrenzen-Verordnung den Anforderungen an die gesetzliche Ermächtigung in § 558 Abs. 3 Satz 3 BGB in Verbindung mit Satz 2 genügt und auch im Übrigen mit höherrangigem Recht in Einklang steht.
  2. Die vorgenannte gesetzliche Ermächtigungsgrundlage genügt dem Bestimmtheitsgebot nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG und verstößt weder gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder gegen die Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).
  3. Die Kappungsgrenzen-Verordnung des Landes Berlin vom 7. Mai 2013 (GVBl. S. 128) hält sich im Rahmen des der Landesregierung als demokratisch legitimiertem und politischem Staatsorgan von der gesetzlichen Ermächtigung in mehrfacher Hinsicht eingeräumten politischen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums. Dieser ist von den Fachgerichten nur beschränkt dahin überprüfbar, ob die getroffene Maßnahme den Rahmen der Zweckbindung der gesetzlichen Ermächtigung überschreitet.
  4. Die Kappungsgrenzen-Verordnung des Landes Berlin vom 7. Mai 2013 genügt ihrerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie verletzt weder die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) noch den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder die Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).

BGH, Urteil vom 04.11.2015 -VIII ZR 217/14- in WuM 2016, 144

BGH – vorzeitige Entlassung des Mieters

BGH zur vorzeitigen Entlassung des Mieters bei Nachmieterstellung

Begehrt der Mieter wegen besonderer Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf Treu und Glauben die vorzeitige Entlassung aus einem längerfristigen Mietverhältnis gegen Stellung eines Nachmieters, obliegt es allein ihm, einen geeigneten Nachmieter zu suchen, den Vermieter über dessen Person aufzuklären und ihm sämtliche Informationen zu geben, die dieser benötigte, um sich ein hinreichendes Bild über die Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Nachmieters machen zu können.

BGH, Urteil vom 07.10.2015 – VIII ZR 247/14 – in WuM 2015, 723

LG Berlin–kein Balkon wenn ein Balkon

Nach der Orientierungshilfe des Berliner Mietspiegels 2013 entfällt das wohnwertmindernde Merkmal des nicht vorhandenen Balkons, wenn ein solcher aus baulichen und/oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder nicht zulässig ist.

LG Berlin, Urteil vom 23. September 2015 – 65 S 175/15 – in GE 2015, 1292

Anmerkung: Es ist schon absurd. Während die Erhebungen zum Berliner Mietspiegel davon ausgehen, dass bestimmte Merkmale oder deren Fehlen (wie beim Merkmal “kein Balkon”) die ortsübliche Miete unmittelbar beeinflussen, macht diese Entscheidung des LG Berlin zum Berliner Mietspiegel 2013 aus einem fehlenden Balkon einen “nicht vorhandenen, aber auch nicht möglichen und daher nicht notwendigen” Balkon. Juristen lieben die doppelte Verneinung. Interessengerecht erscheint dies jedoch nicht, denn ein fehlender Balkon bleibt ein solcher, auch wenn sein Fehlen triftige Gründe hat (auf die es dem Mieter regelmäßig nicht ankommen dürfte, wenn er seine Balkonblumen pflegen oder draußen sitzen möchte. Ich habe ohnehin Zweifel an der Werthaltigkeit der im Wege der fachlich umstrittenen Regressionsanalyse ermittelten Merkmale der Orientierungshilfen zu den Berliner Mietspiegeln. Wenn man aber im System bleiben möchten, dann ist eine solche Rechtsprechung (und Definition in der Orientierungshilfe) einfach nur Absurdistan.

BGH – Grenzen für vernünftigen Eigenbedarf

Ein – auf vernünftige, nachvollziehbare Gründe gestützter – Eigennutzungswunsch rechtfertigt die Kündigung des Mietverhältnisses nur dann, wenn er vom Vermieter auch ernsthaft verfolgt wird und bereits hinreichend bestimmt und konkretisiert ist. Eine bislang nur vage oder für einen späteren Zeitpunkt verfolgte Nutzungsabsicht rechtfertigt eine Eigenbedarfskündigung (noch) nicht.

BGH, Urteil vom 23. September 2015 – VIII ZR 297/14 – in WuM 2015, 677

KG – Wohnraummietrecht bei gewerblichem Zwischenmieter

  1. Die Vertragsparteien können bei einem Mietvertrag, wonach dem Mieter (hier: gemeinnütziger Verein) die Räume zur Weitervermietung zu Wohnzwecken überlassen werden, die Anwendbarkeit von Wohnraummietrecht vereinbaren.
  2. Zwar reicht hierfür nicht aus, dass der Formularmietvertrag mit „Mietvertrag für Wohnräume“ überschrieben ist und Kündigungsfristen vereinbart sind, die dem § 573c BGB nachgebildet sind. Die Anwendung von Wohnungsmietrecht ist aber dann vereinbart, wenn der Mietvertrag auch vorsieht, dass die Kündigung schriftlich unter Angabe von Kündigungsgründen und unter Hinweis auf das Widerspruchsrecht erfolgen muss.

KG Berlin, Urteil vom 27. August 2015 – 8 U 192/14 – in WuM 2015, 666

BGH-Einbau von Rauchmeldern

Den Einbau von Rauchwarnmeldern, den der Vermieter mit Rücksicht auf eine entsprechende bauordnungsrechtliche Verpflichtung – hier § 47 Abs. 4 Satz 4 der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt (BauO LSA) – vornimmt, hat der Mieter auch dann zu dulden, wenn er die Wohnung bereits mit von ihm ausgewählten Rauchwarnmeldern ausgestattet hat.
BGH, Urteil vom 17. Juni 2015 – VIII ZR 290/14 – in WuM 2015, 498

AG Hamburg – Erstattung Rechtsanwaltskosten für Kündigung

1. Ein Vermieter ist nach erfolgreichem Mieterhöhungsprozess nicht verpflichtet, die Differenzbeträge für fast 2 Jahre im Lastschriftverfahren einzuziehen, wenn der Mieter um Ratenzahlung bittet und mit einer Rücklastschrift zu rechnen ist.

2. Bleiben Ratenzahlungen aus, stellen es notwendige Kosten dar, wenn der Vermieter einen Anwalt mit der Kündigung beauftragt (Abgrenzung zu BGH, 8. November 1994, VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348 und BGH, 6. Oktober 2010, VIII ZR 371/09, ZMR 2011, 201).

AG Hamburg, Urteil vom 06. Mai 2015 – 49 C 510/14 – in  ZMR 2015, 934

LG Berlin – fehlende Steuervorteile als wirtschaftlicher Nachteil,

1. Ein Kündigungsschreiben, das lediglich den Gesetzeswortlaut oder das Kündigungsinteresse – wie z. B. die Absicht des Verkaufs der Wohnung – mitteilt, genügt der Begründungspflicht nach § 573 Abs. 3 BGB nicht.

2. Der Mieter muss auf der Grundlage des vom Vermieter mitgeteilten Sachverhaltes überprüfen können, ob er die Kündigung mit Aussicht auf Erfolg in Frage stellen kann oder hinnehmen will.

3. Der bloße Umstand, dass eine Wohnung vermietet ist bzw. bei einem Verkauf in unvermietetem Zustand ein Mehrerlös erzielt werden kann, ist kein tragfähiger Grund, der der Annahme der Möglichkeit einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung entgegensteht.

4. Das Eigentum gewährt dem Vermieter keinen Anspruch auf Gewinnoptimierung oder auf Einräumung gerade der Nutzungsmöglichkeiten, die den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil versprechen. Allein fehlende Steuervorteile begründen keine Hinderung wirtschaftlicher Verwertung.

LG Berlin, Beschluss vom 30. April 2015 – 65 S 4/15 – in WuM 2016, 178