BGH – Ladenmiete unter Corona

  1. Eine durch die COVID-19-Pandemie bedingte Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts führt nicht zu einem Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dem Vermieter wird dadurch die vertraglich geschuldete Leistung zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand auch nicht ganz oder teilweise unmöglich.
  2. Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht.
  3. Bei der Prüfung, ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, verbietet sich eine pauschale Betrachtungsweise. Maßgeblich sind vielmehr sämtliche Umstände des Einzelfalls. Daher sind auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile erlangt hat.

BGH, Urteil vom 12.01.2022 -XII ZR 8/21- in WuM 2022, 204

Bewertung: Der BGH stellt klar, dass bei einer coronabedingt angeordneten Schließung eines Ladenlokals zwar kein Mangel vorliegt. Denn dem Vermieter wird die vertraglich geschuldete Überlassung des Gebrauchs nicht erschwert oder unmöglich. In Betracht kommen kann aber nach den Umständen des Einzelfalls ein Anspruch des Mieters auf Anpassung der Mietkonditionen wegen wesentlicher Veränderung der Geschäftsgrundlage, wenn es pandemiebedingt zu einer Geschäftsschließung kommt.

LG Berlin – Minderung bei Baulärm, Beschaffenheitsvereinbarung

  1. Auf die (Wohnraum-)Mietsache einwirkende erhebliche Bauimmissionen führen gemäß § 536 Abs. 1 BGB zur Minderung des Mietzinses.
  2. Die Minderung tritt auch dann ein, wenn zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses noch keine Beeinträchtigungen bestanden haben sollten und die nachträgliche Erhöhung der Immissionslast nicht vom Vermieter, sondern einem Dritten zu verantworten ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob dem Vermieter gegenüber dem Veranlasser der Immissionen Abwehr- oder Entschädigungsansprüche (gemäß § 906 BGB) zustehen. Für eine ergänzende Vertragsauslegung zu Lasten des Mieters ist dabei kein Raum.
  3. Auch wenn sich der Mieter bei Abschluss des Mietvertrags keine oder falsche Vorstellungen über die künftige Entwicklung des Umfeldes gemacht hat, sind darauf beruhende spätere Gewährleistungsansprüche nicht gemäß § 536b Satz 1 oder 2 BGB wegen vorsätzlicher Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Mangels bei Vertragsschluss ausgeschlossen. Eine entsprechende Fehlvorstellung des Mieters begründet allenfalls den Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit, der zur Anwendung des § 536b BGB nicht ausreicht. Das gilt auch dann, wenn sich zum Zeitpunkt der Anmietung neben der im Innenstadtbereich gelegenen Mietsache eine noch unbebaute Baulücke befindet.

LG Berlin, Urteil vom 16. Juni 2016 – 67 S 76/16 – in GE 2016, 915

Anmerkung: Die Entscheidung lässt einen sorgfältigen Umgang mit dem Fehlerbegriff vermissen und nimmt letztlich leichtfertig einen Mangel der Mietsache an. Es ist offensichtlich falsch, dass die Parteien eines Mietvertrags gleichsam automatisch die Mangelfreiheit vereinbaren oder die Abwesenheit von Lärmbeeinträchtigungen, die je nach Lage des Mietobjekts durch Veränderungen der Umgebung (Bauarbeiten, „LG Berlin – Minderung bei Baulärm, Beschaffenheitsvereinbarung“ weiterlesen

LG Berlin – Lüften des Mieters und Schimmelpilz

Der Vermieter wird nicht von seiner Gewährleistungspflicht durch Übergabe eines Merkblatts zum richtigen Heizen und Lüften der Wohnung bei Vertragsabschluss befreit. Es ist dem Mieter aber zuzumuten, drei- bis viermal täglich Stoßlüftungen vorzunehmen.

Die Anzahl der zumutbaren Stoßlüftungen pro Tag ist nicht mit der Anzahl der in der Wohnung wohnenden Personen zu multiplizieren.

Sind wichtige Räume, wie das Bad, der WC-Raum, die Küche, ein Schlafzimmer und das Wohnzimmer von geringem Schimmelbefall betroffen, ist eine Mietminderung von 10 % gerechtfertigt.

LG Berlin, Urteil vom 27.05.2016 -63 S 335/15- in GE 2016, 914

LG Berlin-Shisha Bar und Gewerbelärm

Leitsatz zitiert nach Juris:
Der Mieter hat ein Recht zur Mietminderung, wenn die Lüftungsanlage einer Shisha-Lounge Lärmbelästigungen auslöst, die die Grenzwerte der TA-Lärm überschreiten. Allerdings kommt eine Mietminderung in Höhe von 10% in Betracht, wenn das Geräusch nur das Schlafzimmer belastet.

Orientierungssatz
1. Gebrauchsbeeinträchtigungen der Mietsache eines Wohnraummieters durch die Geräusche der Lüftungsanlage der im Erdgeschoss des Wohnobjekts befindlichen Shisha-Lounge stellen einen Mangel der Mietsache dar und rechtfertigen gem. § 536 BGB eine Mietminderung um 10%.

2. Das unstreitig vorhandene Geräusch der Belüftungsanlage ist trotz mangels einer Beschaffenheitsvereinbarung nicht hinzunehmen. Auch ohne Beschaffenheitsvereinbarung schuldet der Vermieter die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Bestimmungen wieder der TA-Lärm (Anschluss BGH, 5. Juni 2013, VIII ZR 287/12, NJW 2013, 2417).

3. Ein weitergehendes Minderungsrecht steht dem Mieter jedoch nicht zu. Der Mieter einer Wohnung in der Innenstadt hat in einer Straße mit annähernd lückenloser gewerblicher Nutzung der Mietobjekte im Erdgeschoss, damit zu rechnen, dass es im weiteren und näheren Umfeld seiner Wohnung – etwa durch Neubau, Umbau oder Sanierung von Gebäuden, Straßen o.ä., durch Wechsel oder Zuzug von neuen (gewerbetreibenden) Nachbarn etc. – zu Veränderungen kommt, die sich auf die Mietsache nachteilig auswirken können (Festhaltung LG Berlin, 27. September 2011, 63 S 641/10, Grundeigentum 2011, 1685).
LG Berlin, Urteil vom 15. April 2016 – 63 S 223/15 – in GE 2016, 729

LG Berlin – fehlender Schutz vor Wildschweinen als Mangel

Der Vermieter ist gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet, die Mietsache und den Mieter durch geeignete Maßnahmen vor dem Eindringen von Wildschweinen auf dem Grundstück zu schützen. Die Lage der Mietsache in der Nähe eines Waldgebietes allein begründet keine Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Mieters i.S.d. § 536b BGB von bestehendem oder drohendem Wildschweinbefall.

LG Berlin, Urteil vom 21. Dezember 2015 – 67 S 65/14 – in WuM 2016, 168

BGH – Wohnflächenabweichung bei Mieterhöhungsverlangen

Die bei Abschluss eines Wohnraummietvertrages getroffene Beschaffenheitsvereinbarung zur Wohnungsgröße ist – und zwar auch bei Abweichungen von bis zu 10 % – nicht geeignet, die bei einer späteren Mieterhöhung zu berücksichtigende Größe der Wohnung durch einen von den tatsächlichen Verhältnissen abweichenden fiktiven Wert verbindlich festzulegen (Aufgabe der Senatsrechtsprechung, zuletzt Senatsurteil vom 8. Juli 2009, VIII ZR 205/08, NJW 2009, 2739). Vielmehr ist jede im Wohnraummietvertrag enthaltene, von der tatsächlichen Wohnungsgröße abweichende Wohnflächenangabe für die Anwendbarkeit des § 558 BGB und die nach dessen Maßstäben zu beurteilende Mieterhöhung ohne rechtliche Bedeutung. Maßgeblich für den nach dieser Bestimmung vorzunehmenden Abgleich der begehrten Mieterhöhung mit der ortsüblichen Vergleichsmiete ist allein die tatsächliche Größe der vermieteten Wohnung.

BGH, Urteil vom 18. November 2015 – VIII ZR 266/14 – in WuM 2016, 34 und GE 2016, 49

BGH – Bolzplatz als Minderungsgrund, Umweltmangel und Beschaffenheitsvereinbarung

  1. Die bei einer Mietsache für eine konkludent getroffene Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Einigung kommt nicht schon dadurch zustande, dass dem Vermieter eine bestimmte Beschaffenheitsvorstellung des Mieters bekannt ist. Erforderlich ist vielmehr, dass der Vermieter darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert.
  2. Die in § 22 Abs. 1a BImSchG vorgesehene Privilegierung von Kinderlärm ist auch bei einer Bewertung von Lärmeinwirkungen als Mangel einer gemieteten Wohnung zu berücksichtigen.
  3. Nachträglich erhöhte Geräuschimmissionen, die von einem Nachbargrundstück ausgehen, begründen bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grundsätzlich keinen gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen muss. Insoweit hat der Wohnungsmieter an der jeweiligen Situationsgebundenheit des Mietgrundstücks teil (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vergleiche Urteile vom 19. Dezember 2012, VIII ZR 152/12, NJW 2013, 680 Rn. 12 und vom 23. September 2009, VIII ZR 300/08, WuM 2009, 659 Rn. 15, 17).

BGH, Urteil vom 29. April 2015 – VIII ZR 197/14 – in WuM 2015, 478

LG Frankfurt – Stoßlüften bei Tauwasser und Schimmel

  1. Das tägliche drei- bis viermalige Stoßlüften zur Vermeidung von Tauwasserbildung an Kältebrücken belastet auch berufstätige Mieter nicht überobligatorisch.
  2. Während der Abwesenheit des Mieters muss nicht gelüftet werden.

LG Frankfurt, Urteil vom 16. Januar 2015 – 2-17 S 51/14, 2/17 S 51/14 in WuM 2015, 665

BGH – Schlüsselverlust, Schließanlage und Schadensersatz

  1. Zum Umfang des Schadensersatzanspruchs des Vermieters gegen den Mieter wegen eines verlorenen Wohnungsschlüssels (hier: Austausch der Schließanlage einer Wohnungseigentumsanlage).
  2. Eine erhebliche Wertminderung der Schließanlage tritt jedenfalls nicht allein dadurch ein, dass der Mieter einen ihm anvertrauten Schlüssel für diese Schließanlage verliert.

BGH, Urteil vom 5.3.2014 – VIII ZR 205/13 – in WuM 2014, 279