BGH: technische Standards im Altbau

Für die Beurteilung der Frage, ob eine Mietwohnung Mängel auf­weist, ist in erster Linie die von den Mietvertragparteien vereinbarte Beschaffenheit der Wohnung, nicht die Einhaltung bestimmter techni­scher Normen maßgebend.
Fehlt es an einer Beschaffenheitsvereinbarung, so ist die Einhaltung der maßgeblichen technischen Normen geschuldet. Dabei ist nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen.
Nimmt der Vermieter bauliche Veränderungen vor, die zu Lärmim­missionen führen können, so kann der Mieter erwarten, dass Lärm-schutzmaßnahmen getroffen werden, die den Anforderungen der zur Zeit des Umbaus geltenden DIN-Normen genügen.
Wird ein älteres Wohnhaus nachträglich um ein weiteres Wohnge­schoss aufgestockt, so entsteht an der Mietwohnung, die vor der Auf­stockung im obersten Wohngeschoss gelegen war, ein Mangel, wenn die Trittschalldämmung der darüber errichteten Wohnung nicht den Anforderungen der im Zeitpunkt der Aufstockung geltenden DIN­Normen an normalen Trittschallschutz genügt. Die Einhaltung der An­forderungen an erhöhten Trittschallschutz kann der Mieter nur dann verlangen, wenn dies mit dem Vermieter vereinbart ist.

BGH v. 6.10.2004 – VIII ZR 355/03 -‚ WM 2004, 715; GE 2004, 1586; NZM 2005, 60

Sachverhalt: Die von den Klägern des zugrundeliegenden Rechtsstreits seit 1987 bewohnte Miet­wohnung ist im dritten Obergeschoss eines vor dem Jahr 1918 errichteten Wohnhauses gelegen. Das darüber befindli­che, ursprünglich nicht ausgebaute Dachgeschoss wurde zunächst als Abstellraum genutzt. Im Jahre 2001 ließ die Vermieterin den Dachboden abtragen und an seiner Stelle eine Eigentumswohnung errichten. Ein von den Klägern in Auftrag gegebenes Gutachten er­gab, dass der von dieser Wohnung ausgehende Trittschall mit ei­nem Normtrittschallpegel von 58,5 dB die Grenz­werte der einschlä­gigen DIN 4109 von 53 dB für normalen und von 46 dB für erhöh­ten Schall­schutz übersteigt. Mit der Klage begehrten die Kläger die Verurteilung der Vermieterin zur Herstel­lung eines Trittschallschutzes, der den Anforderungen an einen erhöhten (46 dB), hilfsweise an einen normalen (53 dB) Schallschutz entspricht, sowie die Rückzahlung eines Teils der ge­zahlten Miete und Erstattung der Gutachterkosten.

Da die vorhandene Trittschalldämmung den Anforderungen der zur Zeit des Umbaus geltenden DIN-Normen nicht genügt, war die Ver­urteilung der Beklagten zur Herstellung eines normalen Trittschall­schutzes von 53 dB nicht zu beanstanden. Anspruch auf erhöhten Schallschutz mit einem Grenzwert von 46 dB hat der Mieter dage­gen nicht schon deswegen, weil die Mietwohnung vor der Aufsto­ckung in der „Endetage“ gelegen und deshalb keinerlei von darüber liegendem Wohnraum ausgehenden Trittschallbelästigung ausge­setzt war.

Pro­blem­la­ge: Jedenfalls bei Modernisierungs- und Umbauarbeiten müssen die aktuellen bauli­chen Standards beachtet werden. Es muss also praktisch Neubaustandard geschaffen werden. Bei unmodernisierten Wohnungen sind die technischen Standards zum Zeitpunkt der Bauwerkserrich­tung maßgeblich. Wenn weiter gehende Standards vereinbart sind, gelten diese.