BGH: Zulässigkeit von Mieterhöhungsvereinbarungen

  1. Ein im Ergebnis wirksames Erhöhungsverlangen gemäß § 558 BGB muss nicht allen Formanforderungen genügen. Es reicht aus, wenn der Mieter ausdrücklich oder durch vorbehaltlose Zahlung des verlangten Erhöhungsbetrages Zustimmung erklärt.
  2. Dem Mieterhöhungsbegehren des Vermieters kann der Mieter konkludent zustimmen. Dies gilt auch im Falle eines unwirksamen Zustimmungsverlangens zur Mieterhöhung. Das Zustandekommen der Mieterhöhungsvereinbarung stellt der Tatrichter fest.

BGH, Urteil vom 29.06.2005 -VIII ZR 182/04- in GE 2005, 983 und WuM 2005, 518

Problemlage: In der Praxis kommt es immer wieder zu Streitfällen, in denen der Mieter ohne ein förmliches Zustimmungsverlangen nach den §§ 558 ff. BGB oder eine entsprechende förmliche Mieterhöhung nach § 559 BGB erhöhten Mietzins zahlt und davon später wieder loskommen will.

    Auslöser für solch erhöhten Mietzahlungen können beispielsweise sein

  • eine formell unwirksame Staffelmietvereinbarung
  • eine formlose Mietanforderung des Vermieters so etwa nach dem Motto „alles wird teurer und auch Ihre Miete – bitte zahlen Sie ab Mai 50,00 € monatlich mehr -“
  • Schreiben des Vermieters, mit dem sich dieser ein eigentlich nicht bestehendes Mieterhöhungsrecht anmaßt. Dies ist in der Praxis häufig der Fall, wenn sich der Vermieter beispielsweise auf den Wegfall einer öffentlichen Förderung beruft, der aber nicht nach den Bestimmungen des Wohnungsbindungsgesetzes mietwirksam gemacht werden kann oder
  • wenn der Vermieter (wie im nachstehend entschiedenen Fall) im Mietvertrag einen einseitigen Mieterhöungsvorbehalt vereinbart hat (was nach § 557 BGB eine unwirksame Staffelmietvereinbarung darstellt und daher unzulässig ist)

In derartigen Fällen ist von der Problemlage immer zu unterscheiden, wie der Mieter die vorangegangene Aktion des Vermieters verstehen musste.

Wenn der Mieter nach einem objektiviert festzustellenden sogenannten „Empfängerhorizont“ davon ausgehen musste, dass der Vermieter zur einseitigen Mieterhöhung berechtigt war, dann stellt die Zahlung des erhöhten Mietzinses keine Vereinbarung dar. Denn die unförmliche Mieterhöhungsvereinbarung nach § 557 BGB setzt in jedem Fall Angebot und Annahme voraus. Und an einer derartigen Annahme fehlt es gerade in derartigen Fällen, weil der Mieter eben meint, der Vermieter sei zur einseitigen Mieterhöhung berechtigt.

In diese Fallgruppe gehören die unwirksamen oder sogar insgesamt unzulässigen einseitigen Mieterhöhungen, etwa wegen Förderungswegfall bei öffentlich geförderter Modernisierung, unwirksame Staffelmietvereinbarung oder einem unzulässig vereinbarten einseitigen Erhöhungsvorbehalt.

An­ders ist es da­ge­gen, wenn der Ver­mie­ter von vorn­he­rein gar nicht so tut, als sei er zur ein­sei­ti­gen Miet­er­hö­hung be­rech­tigt. Wenn der Ver­mie­ter klar­stellt, dass er hier ein An­ge­bot zur frei­wil­li­gen Miet­zins­an­pas­sung un­ter­brei­tet und zwar ent­we­der aus­drück­lich oder aber, in­dem er sich auf die ge­setz­li­che Vor­schrift des § 557 BGB be­zieht, dann ist dies ein An­ge­bot. Und die­ses An­ge­bot nimmt der Mie­ter aus­drück­lich (durch Be­stä­ti­gungs­schrei­ben bei­spiels­wei­se oder auch fern­münd­li­che Zus­tim­mung) oder aber eben durch frei­wil­li­ge und da­mit kon­klu­dent wirk­sa­me Zah­lung des er­höh­ten Miet­zin­ses an.

Be­wer­tung: In den prak­tisch sehr häu­fi­gen Fäl­len der „nicht förm­li­chen Miet­er­hö­hung“ ist von ei­ner rechts­wirk­sa­men Zu­stim­mung des Mie­ters durch Zah­lung des er­höh­ten Miet­zin­ses im Sin­ne des § 557 BGB nur dann aus­zu­ge­hen, wenn die Auf­for­de­rung des Ver­mieters zur Miet­zins­er­hö­hung und die Re­ak­ti­on des Mie­ters hie­rauf al­le Merk­ma­le der Frei­wil­lig­keit tra­gen. Ist dies nicht der Fall (weil sich der Ver­mie­ter ein tat­säch­lich nicht be­ste­hen­des Mie­ter­hö­hungs­recht an­ge­maßt hat), fehlt es an An­ge­bot und An­nah­me im Sin­ne ei­ner Miet­zins­ve­rein­ba­rung. Der Mie­ter kann in sol­chen Fäl­len auch den nach ei­ner un­wirk­sa­men An­for­de­rung über län­ge­re Zeit ge­zahl­ten Miet­zins zu­rück­for­dern.